Grundlagenforschung an einer HAW

Wissenschaftliche Erkenntnisse anwendungsorientiert applizieren – das ist der Kernbaustein der angewandten Forschung. Doch was ist, wenn man doch tiefer graben, also einen Prozess grundlegend verstehen muss, um ein praktisches Problem lösen zu können?

Am Laserinstitut Hochschule Mittweida (LHM) wird beides gemacht. So wird sowohl mit der Industrie als auch mit anderen Forschungsinstituten an Fragen, die die Anwender:innen bewegen, geforscht. Manchmal jedoch werden auch in der Praxis Fragen gestellt, die grundlegendere Untersuchungen erfordern.

Die Forschungsgruppe "Dynamik ultraschneller selektiver Laserprozesse" von Prof. Alexander Horn hat es sich zur Aufgabe gemacht, Vorgänge, die bei der Wechselwirkung von Laserstrahlung mit Materie stattfinden, zu untersuchen. Seit über zehn Jahren werden sehr schnelle Vorgänge in laserangeregten Festköpern analysiert und beobachtet, auf Zeitskalen vom Femtosekunden-Bereich bis in den Millisekunden-Bereich.

In den vergangenen Jahren wurden dazu zahlreiche Ergebnisse als Publikationen in renommierten Journals, wie z.B. Advanced Functional Material, Physical Review B, The Journal of Physical Chemistry C, Optical Materials Express und Scientific Reports veröffentlicht.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und deren Community hat die Kompetenz am LHM in diesem Bereich erkannt und fördert diese nun seit einigen Jahren:

MULTIPULS

In Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe von Prof. Steffen Weißmantel wurde die Wechselwirkung schneller Pulsfolgen ultrakurz gepulster Laserstrahlung im GHz- bis MHz-Bereich mit Metallen untersucht. Das Vorhaben konnte im Juni 2024 erfolgreich abgeschlossen werden. Ein Verlängerungsantrag wurde eingereicht und befindet sich aktuell in der Begutachtung.

Im Projekt wurde die Wechselwirkung von schnellen Pulsfolgen mit Metallen in Abhängigkeit von der Anzahl an Pulsen in der Pulsfolge sowie deren zeitliche Abstand untersucht. Dabei konnten insbesondere die Wechselwirkung der Folgepulse mit der durch die vorherigen Pulse erzeugten Ablationswolke und die daraus folgende Wechselwirkung der zusätzlich geheizten Ablationswolke mit dem noch nicht abgetragenen Material als entscheidende Prozesse für die Entstehung der Ablationsstrukturen identifiziert und beschrieben werden.

KRISTALLINITÄT

Gemeinsam mit Prof. David Rafaja (TU Bergakademie Freiberg) und Prof. Stefan Sandfeld (RWTH Aachen, FZ Jülich) wird die Veränderung der Mikrostruktur (vorranging die Größe, Form und Orientierung der Kristallite sowie die Durchmischung) von metallischen Ein- und Mehrschichtsystemen durch die Bestrahlung mit ultrakurz gepulster Laserstrahlung untersucht. Hierzu werden komplementär in situ und ex situ Analysen sowie Multiskalen-Simulationen durchgeführt. Am LHM soll dafür insbesondere die vorhandene innovative Messtechnik für die in situ Untersuchungen in Anwendung gebracht werden. Des Weiteren ist die Simulation der Ablation mittels hydrodynamischer Berechnungen geplant. In Freiberg wird mittels hochauflösender Elektronenstrahlverfahren und vielen weiteren Analyseverfahren die Kristallinität und die Konzentration der Elemente bestimmt. In Aachen sollen molekulardynamische Simulationen der Ablation, der Rekristallisation sowie der Diffusion der Elemente durchgeführt werden.

SI-OBERFLÄCHENMODFIKATION

In Zusammenarbeit mit Prof. Martin Garcia und seinem Team von der Universität Kassel untersucht die Forschungsgruppe die Wechselwirkung von ultrakurz gepulster Laserstrahlung mit Silizium.

Die innovative Messtechnik am LHM erlaubt die Bereitstellung der experimentell ermittelten Eingangsparameter für die theoretischen Simulationen. Gleichfalls werden diese zur Überprüfung der modellhaften Beschreibung der Wechselwirkung der Laserstrahlung mit dem Material und der Simulation der induzierten Ablation mittels Molekulardynamik der Forschungsgruppe aus Kassel verwendet.

LA PLALMA

Im Mai 2024 erteilte die DFG einen weiteren Projektvorschlag zur alleinigen Bearbeitung an das LHM. Im neuen Projekt LA PLALMA soll vorrangig die Wechselwirkung von einem Folgepuls mit einer bestehenden Ablationswolke, bestehend aus Dampf, Partikeln und Plasma untersucht werden. Der Folgepuls soll dabei die Ablationswolke nicht zentrisch treffen, sondern seitlich versetzt. Die dabei stattfindende Wechselwirkung des Folgepulses mit der Ablationswolke hat einen entscheidenden Einfluss auf die finale Abtragsstruktur. Die stattfindenden Prozesse unterscheiden sich von denen einer zentrischen Bestrahlung und sind Gegenstand des Forschungsvorhabens.

Weitere Informationen finden Sie in den News der Hochschule Mittweida.